Gegenständliches und Ungegenständliches
„… Wenn du einen Akt so malen würdest, mit dieser Freiheit, mit der Farbigkeit, dann wärst du da, wo du hin musst. Dies ist das seltsame Geheimnis der gegenständlichen Malerei, die es eigentlich gar nicht gibt. aber in der Sichtbarmachung des Gegenstandes gibt es sie wohl. ….
Nach der Erfindung der sogenannten „gegenständlichen Malerei“, gab es plötzlich die „abstrakte Malerei“, die es auch eigentlich nicht gibt. Und die war auf die Dauer ziemlich langweilig. Also man kann es netter sagen: sie hat sich dann irgendwie erschöpft. Du kannst wieder mal was schütten, kannst eine Nierenform immer wieder machen, du kannst ein konstruktives Bild malen, du kannst gerade Linien malen, oder sowas wie Vasarely machen und so weiter. Und da das alles Grenzen hatte, sind die Maler wieder auf die Gegenstände zurückgekommen. Aber nicht um den Gegenstand zu malen, sondern um die Abstraktion zu erweitern. Der Gegenstand nutzt uns heute zur Erweiterung der Abstraktion. ….
Die Einstellungen mit der du ein abstraktes Bild malst, das im Bild auf einen Gegenstand zu übertragen, dass du vor allem Spaß am Gegenstand hast, das ist letzten Endes dein Talent und du kannst dich am Gegenstand am besten mit anderen vergleichen. Eine meiner großen Theorien ist: In der Kunst gibt es nur Qualitätsfeststellung im Vergleich! Du musst vergleichen, was du siehst, egal wo du stehst, egal welche Position du einnimmst, egal was du machst, du musst immer vergleichen. ….
Deshalb ist es ja auch gut, dass ihr in die Kurse geht, dass ihr viele seid. Ich war mein ganzes Leben in Museen. Warum gehe ich ins Museum? Um mich ständig mit den Zauseln, die da hängen, zu vergleichen. Diese Freiheit, die ihr habt beim abstrakten Malen, nützt die, und versucht diese zu disziplinieren, zu beherrschen, dass man gegenständlich damit malen kann, dann hast du wirklich ein eigenes Universum, wo es nie Probleme gibt, was du malst, dann ist das automatisch gegeben. …“
Prof. Markus Lüpertz, Akademie der Bildenden Künste, Kolbermoor 2019